Erfahrungsbericht „Leben im Bergdorf“
Gaujini | Nepal
Von Lena
Ja, wo soll man da bloss anfangen, nach so vielen Erlebnissen und Eindrücken scheint es einem irgendwie unmöglich, alles in dieses kurze Schreiben zu packen. Ich werde dennoch versuchen, möglichst authentisch zu beschreiben, was euch alles so im berüchtigten Bergdörflein Gaujini erwartet.
Was habe ich mir da bloß angetan?
Fangen wir mit dem Moment an, in welchem ich mir gewünscht habe, ich wäre nie Richtung Gaujini gestartet, und das, noch bevor ich den Hof überhaupt erreicht habe. Ja, diesen Moment gibt es und ja, praktisch alle machen diese Erfahrung durch und nein, kaum einer bereut schlussendlich seinen Aufenthalt dort. Gaujini erreicht man nach einer 2-stündigen Holper-Busfahrt bloß zu Fuß. Auf einem eigentlich wunderschönen Wanderweg geht es circa 4 Stunden meist bergab, doch mit einem nicht ganz leichten Rucksack und meist Temperaturen, die die Wanderlust einschränken, täuscht die Idylle. Wir waren außerdem ohne Guide unterwegs (fragt nicht, wie es dazu kam und macht das auf keinen Fall nach) und haben uns nach einer Weile völlig verlaufen. Und wenn man dann völlig ausgelaugt irgendwo im Nirgendwo von einer freundlichen Familie etwas Wasser zu trinken bekommt, wahrscheinlich noch Meilen vom Ort entfernt, fragt man sich wirklich, weshalb man sich in solch eine Lage gebracht hat.
Angekommen im Bergdorf Gaujini
Doch es lohnt sich wirklich, denn kommt man einmal im Dörflein an, kann es nur noch besser werden. Der «Wohnkomplex» befindet sich inmitten von Reisfeldern, so wie alle Häuser in Gaujini über den ganzen Hang verstreut sind. Er besteht aus zwei bunten Häuslein, in welchen der PC-Unterricht erteilt wird, zwei Tunnelhäuser als Schlafplätze und dem Hauptgebäude, in welchem oben auch einige Volunteers schlafen können und unten die Küche platziert ist. Gleich dahinter befindet sich das Gehöft von Ama, der äusserst liebenswerten Nachbarin. Sie besitzt einige süsse und etwas verrückte Ziegen und sogar zwei Kühe (fragt doch mal, ob ihr ihr beim Melken helfen dürft, ein einmaliges Erlebnis und die Milch ist superlecker).
Luxus oder Komfort sucht man hier logischerweise vergeblich, ich möchte dies bloss noch einmal betonen. Doch genau diese Ursprünglichkeit und Einfachheit haben es mir hier total angetan: Ich habe mich in dieses einfache Leben verliebt und man lernt echt, wie wenig es braucht, um glücklich zu sein. Gaujinj ist optimal, um das einfache Landleben Nepals hautnah zu erleben. Geduscht wird unter einem Wasserrohr im Wald, die Toilette ist natürlich eine Stehtoilette (unbedingt Klopapier mitbringen!), der einzige Spiegel ist handflächengroß, gekocht wird noch mit Feuer und der Strom meldet sich während der Monsunzeit bloß all Schaltjahr wieder einmal zurück (resp. alle zwei Tage etwa). Man gewöhnt sich jedoch superschnell an alles und kann es sich anders kaum noch vorstellen.
Dhal Bhaat Power – 24 hours
Auf dem Gehöft lebt zum einen Laxmi, eine total lustige und offene junge Frau, die für den Haushalt zuständig ist und einen permanent zum Lachen bringt. Ausserdem kocht sie wirklich unglaublich lecker (fragt sie unbedingt nach «Dudh Roti», mein persönliches Highlight unter ihren Kochkünsten). Zweimal täglich kocht sie Dhal Bhaat (Reis mit Linsen) und zum Frühstück gibt es meist Pancakes. Die Nahrung in Nepal ist zwar alles andere als abwechslungsreich, aber man gewöhnt sich schnell daran und lernt das Essen total zu schätzen.
Alltag im Bergdorf
Des Weiteren seid ihr immer von einem Guide begleitet, der euch vor allem bei der Sprachbarriere behilflich sein kann und natürlich auch in allen anderen Anliegen. Einsam wird es jedoch nie, da immer mal wieder gefühlt das halbe Dorf zu Besuch kommt, einen Tee trinkt und sich lautstark mit Laxmi unterhält. Die Dorfbewohner sind auch alle total offen und herzlich, man wird sofort integriert und familiär aufgenommen.
Ja und was macht man denn so den ganzen lieben Tag da oben? Eigentlich so ziemlich alles, was ihr möchtet. Ihr könnt wirklich eigene Ideen einbringen, seid kreativ, spontan und offen für neue Erfahrungen. Zum einen haben wir natürlich den Dorfkindern ein wenig PC-Unterricht gegeben (basics, 10-Fingersystem usw.), die stehen meist schon um sechs Uhr morgens auf dem Hof und den ganzen Tag lang traben immer wieder ein paar Kiddies an. Sie sind zwar zu Beginn etwas schüchtern, tauen aber schnell auf. Leider ist ihr Englisch so fortgeschritten wie mein Nepali, aber es gibt ja Hände und Füße, was auch ganz lustig ist.
Da ich jedoch nicht so die Computer-Lady bin, habe ich mich auch in vielen anderen Bereichen engagiert. Ich habe häufig Laxmi im Haushalt geholfen, habe mit ihr gekocht (ich kann jetzt ein perfektes Dhal Bhaat über dem Feuer kochen), habe geholfen, die Hauswand des PC-Hauses mit Farbe zu bepinseln oder bin mit Ama Gras für ihre Kühe schneiden gegangen, bewaffnet bloss mit einer stumpfen Sichel. Fragt einfach, wo ihr helfen könnt oder was sonst noch so für Arbeit ansteht, ihr seid wirklich frei und könnt euren Wünschen folgen.
Mein Highlight
Mein absolutes Highlight war jedoch der Reisanbau. Da ich zur Monsunzeit in Gaujini war, wurde überall und fast täglich Reis angepflanzt. Wirklich ein unvergessliches Erlebnis, wenn man inmitten einer überfluteten Terrasse mit Reisbüscheln in der Hand versucht, den geschickten Nepalesen ihre Arbeit nachzumachen. Eine ordentliche Schlammschlacht darf natürlich auch nicht fehlen, vor allem wenn Laxmi mit euch mitkommt, sie kennt kein Pardon und niemand ist vor ihr sicher.
Gaujini ist wirklich ein Ort zum Verweilen und mit der Zeit fühlt man sich dort richtig zu Hause. Man geht mit Glühwürmchen zu Bett (Idylle pur!), kann im Fluss unten ein erfrischendes Bad nehmen, die Umgebung erkunden oder einfach mal nur mit einem guten Buch ausspannen. Ich habe mich wirklich unglaublich wohl gefühlt und kann diesen Ort nur weiterempfehlen! Seid einfach offen für neue Abenteuer und eine andere Lebensweise, ihr werdet es auf keinen Fall bereuen😊