Erfahrungsbericht Gesundheitsprojekt/Medical Outreach
Luweero | Uganda

 
Von Jaqueline

Ein paar Infos vorab

Um die Zeit zu meinem nächsten Studium sinnvoll zu überbrücken, entschied ich mich für ein Freiwilligenprojekt, das in die medizinische Richtung gehen sollte. Als ich nach umfangreicher Recherche auf die Website von Karmalaya stieß, hatte ich endlich eine Organisation gefunden, die kostentransparent arbeitet und bei der ich von Anfang an das Gefühl hatte, nicht eine Pauschalreise zu buchen. Da ich schon mein halbes Leben davon träumte nach Afrika zu reisen, war Uganda genau das richtige Ziel!

Viele Erfahrungsberichte die ich bisher las, bezogen sich mehr auf die Lebensumstände während der verschiedenen Karmalaya-Projekte in Uganda, daher möchte ich euch mehr über meine Eindrücke und Tätigkeiten im Medical Outreach berichten.

Ich engagierte mich für 4 Wochen im Reach Out Mbuya Parish, Standort Kasaala (Luweero District). Es handelt sich hierbei um eine Initiative für Bewohner des Districts, vorwiegend für HIV und Aids Patienten gedacht, denen neben kostenfreier medizinischer Grundversorgung auch Medikamente und Follow-Up Untersuchungen ermöglicht werden. Nicht nur HIV-Infizierte, sondern im Prinzip die gesamte Gesellschaft aus dem näheren Umkreis kommt bei jeglichen Problemen gesundheitlicher Natur her, um sich untersuchen und behandeln zu lassen (soweit die Erkrankung die begrenzten Möglichkeiten der kleinen Einrichtung nicht überschreitet).

Die Kollegen

Im Reach Out engagieren sich neben Volontären wie uns, vor allem auch Ärzte (sowohl freiwillige als auch festangestellte) Krankenschwestern, Laboranten, Sozialarbeiter und Pharmakologen. Manche meiner Arbeitskollegen hatten vor ihrem bisherigen Job kaum bis gar keinen medizinischen Beruf ausgeübt, wollen aber gern professionell in der Gesundheitsversorgung tätig werden und streben u.a. ein Aufbaustudium in Fächern wie Gynäkologie und Geburtshilfe oder Psychologie an. Insgesamt würde ich das Team auf etwa 15-20 Mitarbeiter schätzen. Ich wurde von meinen Kollegen sehr herzlich aufgenommen und hatte wirklich Spaß an meiner, manchmal nicht ganz so leicht zu verdaubaren, Arbeit.

Ein paar Kennzahlen

Die Einrichtung verfügt über insgesamt 27 Betten. Davon sind allerdings nicht alle für einen stationären Aufenthalt verfügbar, sondern dienen u.a. ambulanten Fällen, wie einer Art Tagesklinik, Emergency Cases und für Entbindungen:

  • Maternity: 12 Betten
  • Male: 3 Betten
  • Female & Children: 10 Betten
  • Isolation: 2 Betten

Zu den „biggest health issues“ (bezogen auf die Häufigkeit der Diagnosen) zählen neben den vielen HIV-positiven Fällen, die Malaria (etwa 2.000 Fälle/Jahr), Urinary tract infections und Tuberkulose. Letztere ist i.d.R. nur unter den immungeschwächten Patienten ein großes Problem und tritt ansonsten glücklicherweise eher selten auf.

Zu deinen Aufgaben

Jeder der schon einmal in einem deutschen bzw. europäischen Krankenhaus gearbeitet hat, sollte sich von Anfang an bewusst sein, dass so etwas wie Hygienestandards oder Regeln zum Schutz der Privatsphäre der Patienten kaum oder gar nicht existieren. Bei Untersuchungen werden die Türen nicht geschlossen und Handschuhe, Mundschutz oder geschweige denn Haarnetze tragen die wenigsten, ganz einfach deswegen, weil vieles schlichtweg nicht in großen Mengen verfügbar ist.

Grundsätzlich gilt, dass du je nach Ausbildung bzw. Berufserfahrung eingesetzt wirst. Je mehr du schon gemacht und gesehen hast, desto besser!

Ich habe mich in fast allen Abteilungen nützlich machen können (Ausnahme war die Maternity Ward) obwohl ich nie eine praktische Ausbildung oder ein Medizinstudium absolviert habe. Dafür kamen mir meine vielen Praktika und Jobs im Gesundheitswesen zugute und auch mein vorangegangenes Studium (Health Care Management) hat mir die Arbeit im Reach Out immens erleichtert und gleichzeitig sehr spannend gemacht. In der Apotheke habe ich geholfen die Tabletten vorzupacken und auszugeben, bei Untersuchungen habe ich die Ärzte und Schwestern begleitet und geholfen wo ich konnte.

Jeden Mittwoch und Freitag kommen die Großmütter aus der Umgebung und lassen ihre kleinen bis großen „Wehwehchen“ behandeln; da hilfst du dem Team beim Blutdruckmessen, wiegen, etc. Im Labor kannst dich mit Blutabnahmen, Blutzucker-Messungen und einer ganzen Reihe anderer Tests nützlich machen. Zudem wird kaum etwas digitalisiert: Akten, Laborergebnisse, Anforderungsbögen, Berichte, … alles wird analog dokumentiert und archiviert. Das bedeutet für dich, dass es auch immer irgendwelche Akten gibt, die aufbereitet werden müssen und es so stets immer irgendetwas zu tun gibt. Die Überarbeitung von Akten klingt nun vielleicht nicht allzu spannend, ist es aber sehr wohl, denn man erfährt unheimlich viel über den Gesundheitszustand und die sozioökonomischen Verhältnisse in denen die Patienten in ihren teilweise immens großen Familien leben. Diese Akten geben dir im Prinzip tiefe Einblicke in die Lebensweise der Reach Out Patienten, man erfährt also aus erster Hand sehr viel über die Kultur und Lebensqualität.

Ein wichtiger Rat

Genau wie Zuhause auch (insbesondere, wenn man einen Job neu beginnt oder Praktika macht) ist eines am allerwichtigsten: zeige Eigeninitiative! Es ist nicht so, dass dort 24 Stunden lang an 7 Tagen die Woche deine Hilfe dringend notwendig ist – daher musst du stets fragen, wo du wem behilflich sein kannst. Trau dich! Bitte deine Kollegen dir alles zu erklären was geschieht und zeige dich interessiert, die allermeisten freuen sich dir ihre Arbeit näherzubringen, vor allem weil die Vorgehensweise so verschieden sind zu den gängigen Abläufen, die wir von Zuhause kennen.

Generell gilt auch, dass es hilfreich ist mit medizinischem Vokabular vertraut zu sein. Wenn du deinen Kollegen im Labor hilfst (was ich persönlich sehr spannend fand) wirst du gebeten Schnelltests für alle möglichen Erkrankungen durchzuführen – vorausgesetzt du verstehst was deine Kollegen von dir wollen und kannst dich mit ihnen verständigen! Das ist nicht nur wichtig, damit du dich so nützlich wie möglich machen kannst, sondern in erster Linie auch für deine eigene Sicherheit! Scheue dich nicht, Aufgaben abzulehnen oder sie dir sieben Mal erklären zu lassen, bevor du Tests vorbereitest oder durchführst und so direkt mit Blutprodukten in Kontakt kommst. Du musst dir bewusst sein, dass dich kaum jemand bitten wird bestimmte Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen, du bist was das betrifft tatsächlich sehr stark auf dich allein gestellt, weshalb ich jedem nur raten kann sich vorher ausreichend zu informieren oder sich Rat von befreundeten Krankenpflegern oder Ärzten zu holen.

Schlusswort

Zusammenfassend kann ich sagen, dass der Monat in Uganda für mich eine unglaublich prägende Erfahrung war, ich viele Dinge gelernt habe, die auch für meinen beruflichen Werdegang sehr wertvoll sein werden und ich mich natürlich auch persönlich weiterentwickelt habe. Ich möchte jeden, der die Idee hat sich freiwillig, in dieser oder einer ähnlichen Form, in einem Entwicklungsland zu engagieren nur ermutigen: MACHT ES. Ihr habt die notwendige Zeit und die monetären Mittel? Dann setzt euren Plan einfach um.

Diese Zeit ist meiner Meinung nach überhaupt nicht mit einem Urlaub gleichzustellen, auch wenn man an Wochenenden Ausflüge macht oder sogar auf Safari geht. Ihr befindet euch schließlich in einem der 30 am wenigsten entwickelten Ländern der Welt, da ist ganz klar, dass ihr eure Comfort Zone verlasst. Ganz sicher sogar wird es für euch in manchen Situationen auch anstrengend werden, doch die Eindrücke die man gewinnt und die Menschen denen man begegnet sind so einzigartig und so echt, dass es jede Mühe wert ist. Wir können mit solch kurzen Einsätzen, wie in meinem Fall von 4 Wochen, natürlich keine Berge versetzen, aber ich bin mir sicher, wir hinterlassen durch unseren Erfahrungsaustausch mit den Einheimischen, wichtige Spuren in den Köpfen der Menschen!

Und so wünsche ich euch allen abschließend eine unvergessliche Zeit in Uganda 🙂

Impressionen

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