Erfahrungsbericht Herzprojekt für blinde Kinder
Swaragau | Nepal

Von Christine

Anreise nach Swaragau

Das Abenteuer begann schon auf dem Weg dorthin… mit einem „Local-Bus“ – das bedeutet: Gepäck auf das Dach, überfüllter Bus mit allem Möglichen (zB.: Reis, Hühner, Ziegen auf dem Dach) und vielen Zwischenstopps. Ich vertraute mal darauf, dass mein Rucksack am Dach gut befestigt wurde, die Wertsachen nahm ich sowieso mit in den Bus, was ich sehr empfehlen würde, da auch manchmal Passagiere am Dach mitfahren. Der Platz war für mich reserviert und dann ging‘s schon los um 6 Uhr morgens, nachdem der Fahrer noch ein Räucherstäbchen im Bus angezündet hatte.

Anfangs auf dem Highway bergab (asphaltiert, kurvenreich), auf einer schmäleren Straße wieder bergauf bis zu einer kleinen Stadt, wo wir die erste Pause machten. Dort gibt‘s Obst etc. zu kaufen. Ja und dann ging‘s erst richtig los. Der Bus quälte sich auf einer Schotterstraße, nein eigentlich nur Erde, Sand und Staub, hinauf. Wir hinterließen eine Staubwolke… Sagenhaft! Der Staub kroch überall hin, die Haare waren nicht mehr schwarz sondern grau, am Ende waren alle im Bus von einer Staubschicht bedeckt. Mein Tuch war hier Gold wert. Um ca. 11 Uhr machten wir den zweiten Stopp für ein Mittagessen. Dann wieder weiter, bergab, bergauf… umhüllt von einer Staubwolke.

Diesen Weg fährt der Bus nur bei schönem Wetter, bei Regen fährt er einen besseren, aber auch längeren Weg. Um ca. 13 Uhr war ich dann in Arughat (Endstation). Dort wartete schon Hom, mein Guide. Hom spricht Deutsch, er war auch schon öfters in Österreich. Er ist in Swarakot aufgewachsen, er kennt sich daher sehr gut aus dort. Wir marschierten ca. 10 min. um zum nächsten Bus zu gelangen. Der Bus sollte noch eine halbe Stunde bis nach Arkhet fahren, doch bis der Bus voll war dauerte es noch lange, denn es haben unglaublich viele Menschen in einem Bus Platz, wenn man möchte…Das Dach wurde noch mit Steinen beladen, und so fuhren wir vollbeladen los. Ich dachte, ich hatte schon eine wilde Fahrt hinter mir, doch es gab noch eine Steigerung. Mehrmals dachte ich: „So jetzt müssen wir alle aussteigen denn jetzt geht‘s nicht mehr weiter“ – oh doch, es ging weiter. Den Berg hinauf, manchmal cm für cm, durch Pfützen, Schlamm und dann auch noch durch den Fluss. Ich muss sagen, ich hatte schon Spaß dabei, es war eine aufregende Fahrt. Schlussendlich waren wir dann um halb 4 in Arkhet. Für mich war‘s dann hier genug für diesen Tag, wir übernachteten in einem Hotel.

Für die Busfahrt würde ich folgendes empfehlen, um sie möglichst erträglich zu machen: bequeme, lockere und luftige Kleidung, denn untertags wird‘s sehr heiß und bei der Menge an Leuten wird viel Hitze erzeugt. Staubmaske oder/und Tuch!!!, ev. Sonnenbrille gegen den Staub in den Augen und ev. Ohrstöpsel, denn es läuft meistens eine sehr laute Nepalesische Musik. Genug Wasser ist auch wichtig. Den Rucksack am Dach haben wir bei der Rückfahrt in einen großen Plastik-Sack gegeben, damit er nicht so staubig wird.

Man braucht schon etwas Geduld für die Fahrt, aber man sieht sehr viel und erlebt hautnah, wie arm an materiellem viele Menschen hier in Nepal wirklich sind und wie gelassen sie mit solchen Situationen umgehen.

Fußmarsch ins Bergdorf

Am nächsten Tag ging‘s dann zu Fuß weiter, 2,5 Stunden Treppen bergauf (gemütlich mit Pausen). Junge Einwohner vom Dorf schaffen diese Strecke in 45 min, manche gehen den Weg täglich. Im Dorf endlich angekommen wurde ich von jedem, den ich über den Weg lief sehr herzlich empfangen und von oben bis unten betrachtet. Ich hatte Schwierigkeiten darin, mir zu merken wen ich schon begrüßt hatte, da alle Frauen für mich gleich aussahen mit ihren rot-grünen Kleidern.

Mein Zimmer dort war in einem Haus direkt neben der Schule, bei Verwandten von Hom. Typische Steine/Lehm/Holz Haus, ich schlief oben, 2 Betten, tolle Aussicht und genug Platz. Die Dusche war für mich ein WC- aber ein neu gebautes und sehr sauberes. Hom gab mir einen Schlüssel, ich war also die einzige, die es benutzte. Mit einem Kübel voll Wasser konnte ich mich da waschen. Die Leute dort duschen im Freien direkt bei der Wasserstelle, mit einem Tuch bekleidet. Die Wasserstelle ist gleich neben der Schule, ein betonierter Platz, wo das ganze Wasser, das benötigt wird, genommen wird. Wäsche wird dort gewaschen und zum Trinken und Kochen tragen sie es in großen Töpfen in ihre Häuser.

Nepal authentisch kennenlernen

In Swarakot kann man meiner Meinung nach das „richtige“ Nepal erleben. Die Häuser sind alle aus Steine/Lehm und Holz gebaut, nur die Schule und das Waisenhaus sind auch teilweise aus Beton. Es ist ein kleines Dorf, ungefähr 300 Einwohner aber viele sind in der Stadt oder im Ausland, um zu arbeiten oder zu studieren. Die Lage ist wunderschön, man hat eine tolle Aussicht, auch auf das Gebirge. Es gibt keine Stromleitung- jedoch haben viele Häuser kleine Solaranlagen, damit sie Licht haben. Bis ein paar Ausnahmen wird mit Holz gekocht. Das Holz holen die Einwohner vom Wald oberhalb, sie müssen es mühsam herunterschleppen, auch die Kinder. Manche haben keine Zeit, sich Holz zu holen, die kochen mit Gas, was aber natürlich von Arketh raufgeschleppt werden muss, und billig ist es auch nicht.

Das wohl größte Problem dort ist die Wasserknappheit. Sie haben nicht genug Wasser (bzw. nicht das Geld dafür, Wasserleitungen zu bauen) um genügend Reis usw. anbauen zu können, was sie selber benötigen. Sie können sich also nicht selber mit Nahrungsmittel versorgen, sie kaufen vieles ein. Alles was sie einkaufen muss 2 1/2 Stunden hinaufgetragen werden, größere Mengen transportieren sie mit einem Esel hinauf. Kleine Mengen (z.B. einen großen Reissack) schleppen sie selber hinauf. Um sich die Nahrungsmittel leisten zu können, sind die meisten Männer im Ausland, um Geld zu verdienen, das sie nach Hause schicken. Darum leben viele ältere Menschen und Kinder dort, die Menschen mittleren Alters kommen nur manchmal.

Durch die Trockenheit können sie auch lange kein Gemüse anbauen, nur während und nach der Regenzeit. So besteht ihr tägliches Essen aus Dhal Bhat, Popcorn und Bohnen. Sie kaufen auch Kekse usw. ein, alles in geringen Mengen. Das Dhal Bhat besteht nur aus Reis, Linsen, grünem Blattgemüse und Kartoffeln. Bananen reifen nur 1x im Jahr, aber nicht sehr viele. Zum trinken gibt es Wasser, Schwarzee und Roxi (selbstgebräuter Hirseschnaps). Es gibt schon auch Wasserbüffel und Kühe dort, also etwas Milch haben manche und auch Eier von den Hühnern. Fleisch wird ganz selten gegessen. Für mich war es schon eine große Umstellung, so wenig Obst und Gemüse zu essen, möchte man etwas besonderes, muss man es von unten mitnehmen. Mein Frühstück bestand aus Pfannkuchen und Ei, Mittags Dhal Bhat, Zwischendurch Popcorn, Bohnen oder gebratene Kartoffeln und abends wieder Dhal Bhat.

Die Menschen in Swarankot haben eine unglaublich gute Gemeinschaft. Sie reden sehr viel miteinander, fragen den anderen immer was er macht, wo er hingeht usw. Sie leben dort wie eine große Familie und helfen einander wo es nur geht. Wenn es Arbeit auf dem Feld gibt, arbeitet nicht jeder auf seinem eigenem Feld, sondern alle zusammen (bzw. in Gruppen) machen sie ein Feld nach dem anderen fertig, alles ohne Bezahlung, nur das Essen bekommen sie von der Familie, wo sie gerade sind. Abends sitzen sie oft beisammen und haben viel Spaß und trinken Roxi. Sie wirken sehr zufrieden und glücklich, sie sind unglaublich reich an Lebensfreude.

Blinde Kinder

Im Heim für blinde (Waisen) Kinder leben 14 junge Menschen. Sie wohnen direkt neben der Schule. Betreut werden die Kinder vor allem von einer jungen Frau, die selber 2 blinde Kinder hat. Sie kocht für die Kinder und kümmert sich um alles. Ihr Mann hilft ihr ebenfalls, er ist auch Lehrer in der Schule. Es helfen auch immer wieder andere Frauen aus dem Dorf mit. Zwei Lehrer, ein Mann und eine Frau die auch blind sind, kümmern sich besonders um die Kinder. Die Lehrer sprechen ein wenig Englisch, sie sind sehr nett und reden sehr gerne. Wenn jemand gerne Englisch unterrichtet, ist er hier genau richtig, auch die Lehrer möchten unbedingt besser Englisch reden können.

Als ich dort war, hatten die Schüler gerade Prüfung. Vor den Prüfungen hatten sie 3 Tage frei, dann 1 Woche Prüfung und anschließend für 1 Monat Ferien. In die Schule gehen 170 Kinder, manche wohnen sehr weit weg und müssen täglich 2 Stunden zur Schule gehen und wieder zurück. Um 10 Uhr beginnt der Unterricht und er endet um 16 Uhr.

Tagesablauf

Die blinden Kinder stehen um 6 Uhr auf, um halb 7 bekommen sie Tee. Um 9 Uhr gibt‘s Dhal Bhat. Dann sind sie in der Schule, mittags essen sie eine Kleinigkeit. Nach der Schule lernen sie, machen Hausaufgaben bzw. spielen sie. Um 19 Uhr gibt‘s Abendessen und zwischen 21 und 22 Uhr gehen sie schlafen. Die Kinder sind alle sehr lieb, sie waren sehr neugierig und wollten alles von mir wissen, der Lehrer übersetzte für mich in Englisch. Es war beeindruckend, wie gut sie den Alltag meistern. Mit ihren Händen tasten sie alles ab (auch mich), sie sehen quasi mit ihren Händen.

Wenn man die Natur liebt, Kinder gerne mag und mal für eine Zeit richtig einfach leben möchte, ist man dort genau richtig. Beschäftigen kann man sich durch unterrichten in der Schule, spielen mit den Kindern oder auch ein bisschen mithelfen auf den Feldern. Ich habe ein paar Stunden den Kindern bei der Feldarbeit geholfen, wir haben auch mit Ochsen gepflügt. Die jungen Burschen konnten geschickt mit den Ochsen umgehen, ein Mädchen ging hinterher und säte den Mais. Das Mädchen ist aber zu 50 % Blind, sie machte ihre Arbeit trotzdem perfekt. Mit einer kleinen Hacke haben wir die Ränder der Felder umgegraben. Es war sehr viel Spaß dabei, wir lachten sehr viel.

Einen Tag bin ich mit zwei älteren Frauen und einer Herde Ziegen und ein paar Kühen den Berg hinauf gegangen. Die Tiere fressen dort oben Gras, im Dorf gibt es dafür zu wenig. Die Frauen sitzen dann ein paar Stunden oben, quatschen, wechseln manchmal den Platz, genießen die Aussicht und abends gehen sie wieder hinunter. Das ist wohl der entspannendere Teil vom Leben im Dorf. Im Kinderheim kann man auch beim Kochen oder Wäsche waschen mithelfen. Aber man muss um die Arbeit kämpfen, die Leute sehen einen noch als Tourist und die Nepalesen sagen generell nein, wenn man fragt ob man helfen kann.

Wenn man den Einwohnern ein Geschenk mitbringen möchte, ist es wohl am sinnvollsten frisches Obst oder Gemüse mitzubringen. Im März war es oben tagsüber schon ziemlich heiß, die Nächte eher kühl. Sonnencreme, Kopfbedeckung und luftige, aber Schulter und Knie bedeckte Kleidung ist hier sinnvoll, abends brauchte ich aber doch wieder einen Pulli. Generell ist von zuviel Gepäck abzuraten, man braucht nicht viel und man muss ja selber alles hinauftragen.

Für mich war die Zeit in Gorkha etwas sehr besonderes, mir wurden die Augen wieder geöffnet, wie gut wir es in Europa haben und wie zufrieden wir alle eigentlich sein sollten. Die Erfahrungen, die ich aufgeschrieben habe sind natürlich meine persönlichen, es sollte sich jeder seine eigene Meinung dort bilden und seine eigenen Erfahrungen machen.

Impressionen

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