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Wie man im Schweigekloster Businesskontakte knüpft

Oder: Chancen sehen und ergreifen – deshalb reisten wir (schwanger) nach Mexiko.
3 Sprüche, die meine Mutter gerne zu wiederholen pflegt (frei – in Anlehnung an Buddha, das „Lola“/Loslassen-Prinzip und andere Weise und Weisheiten):

  1. „Dinge, die du nicht ändern kannst – nimm sie an“.
  2. „Wenn es sich dir nicht entgegen neigt, lass es bleiben“ bzw. auch die positive Version davon:
  3. „Wenn es sich dir entgegen neigt, nimm es an/greif zu“.

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Diese „Mantras“ haben sich im Laufe der Zeit in mein Unterbewusstsein eingenistet, wurden auch zu meinen Glaubenssätzen und prägen mich heute – beruflich und privat.
Dieses Mal war es Mantra Nummer 3 – also: „Wenn es sich dir entgegen neigt, nimm es an/greif zu“ –  das eine größere Aktion nach sich zog. Und zwar: eine Projekt-Recherche-Reise nach Mexiko.
Die Vorgeschichte dazu: Im Februar dieses Jahres erfüllte ich mir einen Traum, den ich seit 5 Jahre hegte – seitdem ich 2010 das Buch „Triffst du Buddha, töte ihn“ von Andreas Altmann gelesen habe, einem Reisejournalisten. Selbstkritisch, amüsant und ohne Hang zu Kitsch und Esoterik, berichtete dieser über seine Erfahrungen während eines 10-tägigen Vipassana-Achtsamkeits-Retreats in Indien, das er besuchte, um der ewigen Rastlosigkeit des Reisens/Reisenden ein wenig entgegen zu wirken.
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Das Buch inspirierte mich. Ich wollte es Andreas Altmann gleich tun und „inskribierte“ mich während meiner 6-monatigen Zeit in Nepal 2010 (als Karmalaya „geboren“ wurde)  für ein Vipassana-Retreat in Kathmandu. Das Schicksal wollte es so – ich bekam einen Bandscheibenvorfall. Damit werde ich wohl nicht 10 Tage lang 10 Stunden am Tag meditieren können, oder? Ich musste absagen.
Das Buch und das Retreat empfahl ich dennoch häufig weiter – und so kamen zwar einige unserer Freiwilligen in den Genuss dieser besonderen Erfahrung. Ich allerdings nicht. Im Februar 2015 fand ich – keine Ahnung wie und wo – plötzlich das (eigentlich nie existente) Zeitfenster dafür. Und meldete mich für einen Kurs im Anschluss an meine jährliche Projektreise in Nepal an. Dasselbe Retreat, nur 5 Jahre später. Endlich durfte ich mir diesen Wunsch erfüllen. Angesichts der weiteren Ereignisse/“Umstände“ 2015 noch ein interessantes Fact am Rande: Es war einer der Wünsche, den man bzw. Frau bzw. ich auf der imaginären Liste „Dinge, die ich machen will/muss, bevor ich endgültig erwachsen werde bzw. bevor ich Kinder bekomme“ stehen hat(te).
Ich möchte/werde heute nicht über das eigentliche Retreat schreiben (das sehr hart, inspirierend, bewegend, bereichernd und lebensverändernd war 🙂), sondern nur über den ersten und den letzten Tag, also: das Ein- und Auschecken. An diesen beiden Tagen ist es einem gestattet zu sprechen – die 10 Tage dazwischen gilt „noble silence“, d.h.: nicht Kommunizieren. Weder verbal, noch non-verbal. Kein Reden, kein Blickkontakt, totale Isolation.
Ich checke also in meinen Schlafsaal ein. Gegenüber von meinem Bett: ein anderes Bett. Und ein Mensch mit einer extrem positiven Ausstrahlung: Marisol: 10988436_10152598259671207_3537886892004214347_n 11659420_10152850194901207_8901681183001328339_n
Sie kommt aus Mexiko. Die erste Mexikanerin, die ich je auf Reisen getroffen habe. Wir kommen ins Gespräch. Ich erzähle über unsere Social Enterprises Karmalaya heart work & soul travel, KALiARE empowerment products und KALiiS life-changing leadership-programs. Sie erzählt mir über ihre ehemalige Arbeit bei einer mexikanischen NGO, die mehr als 2 Millionen Menschen durch nachhaltige Sozialprojekte hilft. Über das Barefoot-College in Indien, das sie nach dem Retreat besucht, um sich dort Wissen anzueignen, wie man Analphabetinnen, ungebildete Großmütter, zu Solaringenieurinnen ausbilden kann. Weil sie, als gelernte Ingenieurin, dieses Wissen auch nach Mexiko bringen möchte. Wir sprechen über unsere Träume. Und sehen, dass sie/wir große Überschneidungen haben.
Ein inspirierendes, schönes Gespräch. Das ich im Anschluss wieder aus meinem Kopf verbannen muss, um 10 Tage nichts zu denken. Um 10 Tage lang meinen Atem, meinen Körper zu beobachten. Nur zu beobachten, ohne Wertung. „Anicha“ – alles kommt, alles vergeht (also auch Schmerzen, die naturgemäß nach 100 Stunden Sitzen einmal auftreten…). Es kommt also auch der Tag, an dem auch das Retreat vergeht. Und wir wieder reden dürfen. Marisol und ich finden uns wieder, reden als ob es kein morgen gäbe, als ob wir uns ewig kennen würden. Wir tauschen Kärtchen aus. Ich weiß: ich muss dieses Jahr nach Mexiko. Gemeinsam können wir Großes bewirken, wundervolle Projekte entwickeln, Entwicklung voranbringen. Wir verabschieden uns „mexikanisch“ – mit einer innigen Umarmung. Am 26. Februar.
Ticker
2 Monate später, am 25. April, erschüttert das furchtbare Erdbeben Nepal. Und uns alle. Unzählige Menschen und Häuser werden begraben.
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Die „Vision Mexiko“ versickert auch. Im Juni reise ich wieder nach Nepal, um mir einen ersten Überblick zu verschaffen, den Bedarf zu evaluieren und gemeinsam mit unserem Team einen Masterplan zur nachhaltigen Erdbebenhilfe in 3 betroffenen Regionen auszuarbeiten. Matthias hält derweil die Stellung in Österreich. Fast 4 Wochen getrennt – mit Sorgen > wie ist es in Nepal? Wie geht es weiter? Danach: Ein Wiedersehen voller Liebe und Freude. Im August die große Überraschung: ein Baby! Ich bin schwanger 🙂
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Die Projekte in Nepal entwickeln sich dank der unglaublichen Großzügigkeit unserer Community und dem tollen Engagement unserer Erdbebenhilfe-Workcamp-Volunteers gut. Es geht langsam bergauf. Langsam kehrt wieder ein wenig Ruhe ein. Der Bauch wächst. Pläne werden geschmiedet. Mexiko kommt wieder an die „Oberfläche“. Und das Mantra: „Wenn es sich dir entgegen neigt, nimm es an/greif zu.“
Der Erfolg von nachhaltigem Engagement in Entwicklungsländern hängt primär von den Menschen ab, mit denen man zusammenarbeitet. Diese Menschen zu finden ist unsere größte Aufgabe, Herausforderung und Freude. Mein Bauch sagt (auch wenn er mittlerweile ganz schön groß ist): Mexiko neigt sich sowas von entgegen. Ihr müsst nach Mexiko, jetzt! Weil im nächsten Jahr werde ich erstmal eine „Reisepause“ einlegen. Der 6. Monat ist lt. Ratgebern „DER“ Reisemonat für Schwangere. Wir grübeln – und fliegen Mitte November nach Mexico City. Was für ein Wiedersehen. Eine Reise, die alle Erwartungen bei weitem übertrifft.
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Unterwegs für Karmalaya, KALiARE und KALiiS
Wir konnten, dank Marisol, wundervolle (Projekt-)Möglichkeiten identifizieren und potentielle Partner, Koordinatoren, Familien treffen. Wir konnten Menschen treffen, wie Raphael, dessen Traum es ist, seine – nicht touristische – Region zu fördern, Wertschöpfung zu schaffen, Impact. Menschen, wie Eduardo, der das Slowfood-Movement in Mexiko begann und der uns voller Begeisterung die andere Seite „seiner“ Stadt zeigte. Ganz langsam versteht sich und mit viel Genuss.
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Wir trafen Bernardo, der für eine „Food Bank“ arbeitet, die Überfluss und Mangel sinnvoll zusammenbringt und monatlich über 700 Tonnen Essen aus Supermärkten sammelt und an Bedürftige weitergibt. Wir trafen Katia, die gerade ein integriertes Entwicklungsprogramm für Mikrounternehmerinnen gegründet hat und jährlich über 300 Frauen damit erreichen möchte. Wir trafen Marissa, deren Traum es war, das überall verbreitete Styropor von Mexiko verschwinden zu lassen – sie entwickelte ein Patent, mit dem sie den leidigen Müll zu Lack umwandeln und somit wieder in den Produktkreislauf einfließen lassen kann. Wir konnten sie, was für ein Glück, als Vorbild-Unternehmerin und Mentee für unser KALiiS-Leadership-Programm gewinnen, das 2016 mit den ersten „Piloten“ startet und dabei Führungskräfte aus Europa mit (angehenden) Entrepreneurs aus Schwellen- und Entwicklungsländern matcht, um wechselseitig Impact auf Augenhöhe zu kreieren und Sozialunternehmertum weltweit zu fördern.
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Weitere innovative Mentees konnten wir beim SenseCamp-Event in Mexico City Anfang Dezember gewinnen. Das SenseCamp ist eine partizipative Konferenz über Social Entrepreneurship, organisiert von MakeSense. Auf der Konferenz kommen Social Entrepreneure, Social Business-Enthusiasten und die „MakeSense-Gang“ zu einem Tag voll inspirierender Talks, interaktiver Workshops und Networking zusammen. Matthias und ich waren aktiv dabei, um weitere hoch qualifizierte Mentees für KALiiS zu rekrutieren. Mit Erfolg! Unserem Aufruf „Tell us about your business(idea) & apply for a free mentoring programme“ folgten zahlreiche faszinierende Unternehmer – aus den unterschiedlichsten Branchen und den unterschiedlichsten Entwicklungsphasen.
Danke nochmals Marisol – für alles! Du bist wundervoll. Es war mir eine Ehre 10 Tage mit dir Seite an Seite in Nepal zu schweigen. Und es war uns ein Feuerwerk an Inspiration deine Welt zu entdecken, dich und all die wundervollen Menschen, die dich umgegeben. Danke dir und euch allen! Und danke Mama, für die wertvollen Mantras 🙂 
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Wir freuen uns sehr auf ein spannendes 2016! Mit Mexiko. Mit ganz viel Weiterentwicklung und Aufschwung in Nepal > Matthias fliegt am 6. Januar nach Nepal, um die (Bau-)Fortschritte zu dokumentieren und mit Bhagwan und unserem Team an der weiteren Vision zu arbeiten (dieses Mal heißt es für mich: die Stellung in Österreich halten 🙂). Mit wundervollen Fortschritten in Uganda. Mit Karmalaya, mit KALiARE und KALiiS. Und natürlich mit unserem kleinen Mädchen, das Ende März das Licht der Welt erblicken und unser Leben auf den Kopf stellen wird.
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Wir wünschen euch allen besinnliche Weihnachtstage. Und einen guten Rutsch in ein aufregendes, glückliches, zufriedenes NEUES JAHR!
Liebe Grüße und bis bald,
Tina und/für das Karmalaya-Team