„Mein Freund fragte mich, ob ich ihn auf die Weihnachtsfeier seiner Firma begleiten möchte. Obwohl ich verneint habe, lockte er mich unter dem Vorwand mich bei meiner Freundin abzusetzen ins Auto und führ mit mir einfach hin.“ „Der Idiot, das geht ja gar nicht! Aber es hätte schlimmer kommen können. Immerhin hat er dich nicht entführt.“
Wenn du über Probleme spricht, sehen die Gespräche wahrscheinlich oft so aus. Du bekommst Ratschläge, Mitleid, wirst beschwichtigt, die Person mit der du Probleme hast wird beschimpft oder dein Gegenüber vergleicht deine Situation mit dem, was XY bereits erlebt hat. Fühlst du dich da verstanden?
Eigentlich würdest du dir in solchen Momenten wünschen, dass dir dein Gegenüber wirklich zuhört. Das heißt ohne zu urteilen, Vergleiche zu ziehen oder mit der Aussage „Das ist doch gar nicht so schlimm“, alles herunter zu spielen. Verstehen, was der andere überhaupt sagen möchte, das ist empathisches Zuhören.
Miteinander, statt gegeneinander sprechen
Ich erzähle dir etwas und du denkst währenddessen bereits darüber nach, was du als nächstes zu mir sagen willst. Entweder, weil wir diskutieren, du mir deine Ansicht der Dinge mitteilen möchtest oder es dich überhaupt nicht interessiert, was ich zu berichten habe. Mir das zu sagen traust du dich jedoch nicht. So geraten wir schnell in einen Teufelskreis: Wir reden nur, aber hören nicht zu. Schlussendlich setzen wir uns beide einem Mangel an gehört werden aus. Je größer dieser Mangel wird, desto dringender brauchen wir jemanden, der uns zuhört.
Empathisches Zuhören
Wie gibst du deinem Gegenüber nun das Gefühl gehört zu werden? Frag dich doch selbst einmal, wann du dich gehört fühlst. Wie verhält sich eine Person, die dir wirklich zuhört? Was sagt sie, was sagt sie nicht? Was bringt ihre Körpersprache zum Ausdruck? Hier ein paar Anregungen:
- Empathische Zuhörer versuchen nachzufühlen, was im anderen gerade vorgeht.
- Um dazu überhaupt in der Lage zu sein, lenken sie ihre gesamte Aufmerksamkeit auf ihr Gegenüber.
- Während ihr Gesprächspartner erzählt, sind sie meist sehr still und präsent. Im Anschluss stellen sie Rückfragen und spiegeln, was sie gehört haben.
Wozu überhaupt?
Empathisches Zuhören ist nicht etwas eine Modeerscheinung. Gehört und gesehen zu werden ist eines der wichtigsten menschlichen Bedürfnisse. Unser erlerntes Redeverhalten trägt jedoch kaum dazu bei, dieses Bedürfnis zu würdigen. Anstatt durch Gespräche zusammenzufinden und uns gegenseitig Aufmerksamkeit zu schenken, frustrieren wir uns zunehmend. Abhilfe schafft da nur einander gleichermaßen zuzuhören. Pausen im Gespärch zu lassen. Zeit nehmen, um Gedanken zu formulieren und auch dem Gesprächspartner Zeit lassen, seine Gedanken zu formulieren.
Übung macht den Meister
Wenn du deine Fähigkeiten als empathischer Zuhörer verbessern möchtest, dann schnapp dir eine Person deines Vertrauens und nehmt euch vor, einander einfach nur zuzuhören. Wichtig: Genug Zeit einplanen
- Person A beginnt über ein Thema zu sprechen, dass sie gerade sehr beschäftigt. Versucht wirklich bei diesem Thema zu bleiben.
- Person B hört aufmerksam zu und schweigt. Sie achtet auf die Momente, in denen ihre Aufmerksameit abdriftet und es ihr schwerfällt, weiter zuzuhören. Tauchen eigenen Gedanken auf, schiebt sie sie liebevoll zur Seite. Sie kommen später dran.
- Nach fünf Minuten wechselt ihr. Dadurch bekommt jeder gleich viel Redezeit und jedem wird gleich lange zugehört. Wenn eine Person sehr lange redet, kann das für die aufmerksam zuhörende Person sehr anstrengend werden.
- Danach tauscht ihr euch über eure Erfahrungen aus. Wann tauchten Momente auf, in denen es euch besonders schwer fiel weiterhin aufmerksam zu sein? Wann war es besonders leicht? Welche Gedanken kamen immer wieder dazwischen? Warum? Was habt ihr gut gemacht? Was wollt ihr beim nächsten Mal besser machen? Hat euch etwas gefehlt? Wie habt ihr euch gefühlt?
Nutz die Weihnachtszeit für Gespräche. Und fürs Zuhören. So bekommt diese besinnliche Zeit noch viel mehr Tiefgang.
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