10 Tage für unsere „Tour d‘ Uganda“ (Investigationstrip für neue Karmalaya-Volunteering-Programme in Uganda) sind nicht besonders lange. Aber was tun, wenn die Zeit knapp ist. „Too busy“! Heute ist Sonntag – und wieder waren wir bereits um 7 Uhr morgens mit unserem Pfarrer und Fahrer Father Joseph und David in der Kirche. Dieses Mal in Fort Portal ganz im Westen Ugandas, wo wir gestern nach einem langen, eindrucksreichen Tag (Äquator-Überquerung und Safari im Queen Elisabeth Nationalpark inklusive >Blogeintrag folgt) und einer ebenso langen und eindrucksvollen Fahrt um kurz vor 22 Uhr angekommen sind.
Kirchenfenster in Fort Portal.
Unsere Tage hier in Uganda sind prall gefüllt und so arbeiten wir meist meist während der Überfahrten direkt in „unserem“ (Büro-)Auto, dem Toyota Ipsum der Kirche. Praktisch: wir haben in Kampala (Hauptstadt Ugandas) zwei Internet-Sticks bei Orange gekauft und haben nun, wie schon der Slogan verspricht: „Internet everywhere“. Zumindest beinahe „everywhere“. Kosten > Stick: 79.000 Uganda Schilling (USh)/ca. 23 Euro, Guthaben/Datenvolumen: 600 MB = 25.000 Uganda Schilling/ ca. 7 Euro; 1.6 GB bzw. 1.8 GB wegen Promo-Aktion um 45.000 Ugandische Schilling/ca. 13 Euro.
1 Euro = ca. 3.400 Uganda Schilling.
Blogging aus dem „Office-Auto“.
Übernachtet haben wir heute im St. Joseph’s Inn Fort Portal – dem „Hostel“ der Pfarrgemeinde. Dass man in Pfarren (fast überall in Uganda) übernachten kann, auch als Externer, wusste ich nicht. Ist aber sehr empfehlenswert. Für ein sauberes, gemütlich DZ mit attached bathroom haben wir 36.000 Uganda Schilling bezahlt, ca. 11 Euro. Frühstück inklusive. Außerdem gibt es diese „spirituelle“ Atmosphäre, die so viele von uns gestressten Westlern heute suchen (Stichwort: Pilgerreisen, Meditations-Retreat, Kloster-Aufenthalt).
Unser Father Joseph hat den hiesigen Pfarrer Father Pascal beim Gottesdienst unterstützt. Die Schwestern, in ihren weißen Kleidern, singen und trommeln für den Lord. In der auf Englisch gehaltenen Predigt geht es um „Availability“ (Verfügbarkeit). Father Pascal erzählt die Geschichte von dem Jungen, der seinen schwer beschäftigten Papa fragte, wie viel Geld er pro Stunde verdiene. Der Vater war verärgert über die Frage, nannte ihm aber den Betrag. Und der Sohn fing an zu sparen – so lange, bis er diesen Betrag gesammelt hatte. Dann ging er zum Vater, gab ihm das Geld und sagte: „So, nun möchte ich bitte eine Stunde deiner Zeit kaufen. Eine Stunde, die du mit mir verbringst.“ Der Pfarrer sprach in diesem Kontext von einer Krankheit, die im Umlauf sei: „TB“ – er meinte in diesem Fall nicht Tuberkulose, sondern die Krankheit „too busy“. Ich fand die Predigt interessant, weil wir Zentraleuropäer ja stets glauben, dass nur wir den Stress hätten und „too busy“ für alles wären. In den sogenannten „Entwicklungsländern“, denken wir, hätten die Menschen zwar wenig, wären aber dennoch „sooo glücklich“. In diesen Ländern soll es noch die Quality-Time geben, die wir nicht mehr haben. Zeit mit der Familie, wenig Arbeit, viel Muse.
De facto sieht die Realität oft anders aus. Vor allem in den Städten. Die Menschen arbeiten hart, viel härter oft als „wir“. Um sich mit eigener Kraft nach oben zu ziehen. Ich sehe mir z.B. nur Davids Familie an. Er wuchs im Norden Ugandas auf (wie im vorigen Blog-Artikel schon berichtet), in einem traditionellen Dorf unter sehr einfachen Verhältnissen (typische afrikanische Lehmhütte mit Strohdach > siehe Foto).
Später studierte er in Uganda unter anderem Education sowie Tourismus Management und lebt nun mit seiner Frau und seinen beiden Kinder (5 und 8 Jahre) in Mukono/Kampala. Bevor er nach Österreich ging, um ein weiteres Studium im Bereich Tourismus abzuschließen, arbeitete er unter anderem bereits erfolgreich für die Hilfsorganisation „Vision for Africa“ und als Trainer für Schulen. Von früh bis spät.
Matthias und ich durften bei Davids Graduation-Feier in Salzburg teilnehmen.
Auch Davids Frau arbeitet – von früh bis spät in einem Hotel in Kamapala. Der Verkehr in der Hauptstadt ist furchtbar, die Straßen gerade zu Rush-Hour-Zeiten völlig überlastet – und so verlässt sie bereits um 6 Uhr morgens mit den Kindern das Haus. Die Kinder kommen erst um 18.30 Uhr wieder nachhause! Danach müssen sie noch Hausaufgaben machen. Selbst die Kinder sind „too busy“. Sie selbst kommt meist rund um 21 Uhr zurück. Lea, ein 19-jähriges Mädchen, das von ihrer Familie in die Stadt geschickt wurde, um Geld zu verdienen, kümmert sich seit vier Jahren um den Haushalt und die Familie. Sie wurde zu einem Teil der Familie. Auch sie arbeitet von früh bis spät. Eines Abends sitzen wir alle beisammen, trinken ein Glas Wein und erzählen über unsere Heimat. Wir sprechen auch über unsere Gesellschaft. Und über „burn outs“. „Burn out“ wird nicht wirklich verstanden und angesichts der Umstände und Herausforderungen, die es hierzulande zu bewältigen gibt, und der Situation, die wir bei uns zuhause haben, versteh‘ ich es auch nicht mehr. Welche Sorgen haben wir?
Im letzten Neon-Magazin las ich einen Artikel über das aufstrebende Afrika („Der afrikanische Traum“). Über Studenten der African Leadership Academy, die das Image des „armen Afrikas“ satt haben. Die kein Mitleid wollen. Sondern Erfolg und Anerkennung für das Geleistete. Auch hier, in Uganda, hab ich, in der „Sunday Vision“, einen interessanten Artikel gelesen. Über Muzungus (westliche Ausländer/Touristen), die Toiletten für ein Dorf gebaut haben. Der Autor des Artikels schrieb sehr zynisch über eine Gruppe von Engländern, die das „Klo“ errichtet haben. Er fragt sein Land, was mit ihm los sei. Warum es nicht in der Lage sei, Toiletten selbst zu bauen? Wir haben auch mit David darüber gesprochen, der den Artikel viel zu einseitig und negativ fand. Aber dennoch sieht auch er vor allem die Notwendigkeit der Hilfe zur Selbsthilfe: „Instead of builing their toilets, they shall teach them how to construct a toilet themselves.“
Gemeinsam mit Karmalaya wollen wir hier genau das ermöglichen: Hilfe zur Selbsthilfe. Sinnvolle Projekte, bei denen alle Seiten profitieren. Als Freiwilliger kommt man in ein Land, um zu helfen. Man muss sich aber auch immer seiner Möglichkeiten und auch Grenzen bewusst sein. Wie viel können wir wirklich bewirken? Die Experten sind die Locals – sie wissen über die Gegebenheiten und Möglichkeiten Bescheid. Im (interkulturellen) Austausch miteinander können wir schließlich gemeinsam nachhaltige Projekte entwickeln – und selbst dabei wahnsinnig viel lernen und mit nachhause nehmen. Und auch darum kommen Volunteers in Entwicklungsländer. Um zu lernen – für sich und fürs Leben. Weil wir „arm“ an diesen Erfahrungen sind. Wenn wir also helfen bzw. Volunteering-Arbeit im Ausland leisten, sollten wir also nicht als Samariter auftreten, sondern einfach auch „danke“ sagen. Danke, dass wir von euch lernen dürfen.
(te – tina eder/tina eckert)