19 Uhr – der Reminder piepst. Auf dem Display steht: „Blog schreiben“. Heute nur einer von vielen Remindern. Für den 29. Juli habe ich mir wohl so einiges merken wollen. Morgen früh geht`s ja schon wieder los, dieses Mal Richtung Nepal!
Heute vor einer Woche sind wir gerade erst von Kampala/Uganda nach Hause geflogen. Noch am Abreisetag hatten wir ein straffes Programm. 5 Uhr morgens aufstehen, mit David und Joseph und Sack und Pack ins Auto und nach Jinja in den Südosten Ugandas fahren. Aus zweierlei Gründen: erstens haben wir Davids ehemaliges Tourismus-Management-Institut besichtigt und interessante Gespräche mit den Verantwortlichen geführt sowie spannende Einsatzbereiche für künftige Karmalaya-Praktikanten aus dem Tourismus-Segment definiert. Zweitens ist Jinja weltberühmt! Wirklich? Jinja? Nie gehört? Zumindest Ende des 19. Jahrhunderts bekam der Ort sehr große Aufmerksamkeit: der Austritt des Nils aus dem Victoriasee in Jinja galt nämlich seit seiner Entdeckung 1862 durch den britischen Afrikaforscher John Speke als die Quelle des Nils! Heute weiß man, dass die Quelle in den Bergen des ostafrikanischen Grabenbruchs in Burundi und Ruanda liegt. Für Ugander ist Jinja jedoch nach wie vor die echte Quelle! Ob echt oder quasi echt: der Ort ist sehr schön, idyllisch und eine echte Sehenswürdigkeit.
In Jinja – wo der Nil aus dem Vicotria-See abfließt.
Die Woche in der Heimat (Österreich, genauer: Salzburg) war schließlich sehr kurzweilig. Es gab einfach viel zu tun. Die Gespräche und Freiwilligenprojekte in Uganda mussten nachbereitet werden und die Reise nach Nepal vorbereitet – und natürlich die laufenden und aktuellen Karmalaya-Volunteers betreut, informiert und koordiniert. Rund 30 Volunteers sind gerade allein in unseren Volunteering-Projekten in Nepal. Und am Wochenende kommen die nächsten sechs an. Die wenigsten von ihnen sehe ich leider „in echt“. Weil viele/die meisten unserer Volunteers aus Deutschland kommen oder aus anderen Städten in Österreich oder auch der Schweiz und die Anreise nach Salzburg einfach zu lange dauern würde. Weil ja zum Glück heute alles einfacher ist, ist das organisatorisch gar kein Problem: wir können telefonieren, skypen, Anfragen schnell via Mail abklären und und und. Wer will da noch direkt zu uns ins Karmalaya-Büro (am Messezentrum 6, 5020 Salzburg) kommen? Ein bisschen schade ist das schon: wir haben gern Gäste bei uns und unser Büro ist ziemlich gemütlich. Kaffee gibt`s auch immer 🙂 Dies nur am Rande.
Jedenfalls freu ich mich, wenn ich einige unserer Volunteers diese Woche wieder „in echt“ in Nepal treffen werde. Gestern haben wir übrigens auch eine Volontärin getroffen – bzw. eine ehemalige. Ich muss das erwähnen, weil ich so beeindruckt war: wir waren am wunderschönen Attersee baden. Ich, mit Sonnenbrille, auf dem Steg Richtung Wasser. Aus dem Wasser eine Stimme: „Tina?“ Ich: „Ja?“ „Ich bin xy, ich war letztes Jahr mit euch in Nepal.“ Wahnsinn! Wir haben uns nie live gesehen und sie erkannte mich sogar mit Sonnenbrille und nassen Haaren. Ich würde sehr viel dafür geben, hätte ich diese Gabe! Ich bin leider von meinen Eltern (beiderseits) mit einem extrem schlechten Personengedächtnis ausgestattet worden, arbeite aber daran. Jedenfalls hat es mich sehr gefreut, die Volontärin und ihren Freund (der damals nachflog, um mit ihr gemeinsam den Annapurna-Trek zu machen) völlig überraschend in Österreich zu treffen. Sie hatte auch unseren Blog schon gelesen, wusste über Uganda und alles Bescheid. Das freut mich – es freut mich, wenn ehemalige Teilnehmer weiter verfolgen, was wir tun. Dass es sie interessiert. Wer was verfolgt, weiß man ja nie so genau. Man tut einfach und arbeitet gefühlt „ins Blaue“. Feedback ist gut – und wichtig. Ich bin auch immer sehr dankbar für echtes, direktes Feedback unserer Teilnehmer. Da ich nicht immer im Land vor Ort bin, sind diese Infos für die ständige Optimierung unserer Projekte und Programme essentiell. Meine aktuelle Reise nach Nepal hat im Grunde „nur“ das zum Ziel: Optimierung, intensiver Austausch mit dem Team, Jahresrückblick und –ausblick, Evaluierung. In der wenigen Zeit, die darüber hinaus noch bleibt, werde ich neue/potentielle Projekte in und um Kathmandu besuchen, den Volunteers „hallo“ sagen und stichprobenartig das eine oder andere checken (Gastfamilien, Programmpunkte, etc.). Außerdem bin ich auf der Suche nach weiblichem Personal – über drei Viertel unserer Volunteers sind weiblich, da wäre es nur zu schön, wenn wir auch weibliche Koordinatoren in Nepal hätten. Genau das ist aber kulturbedingt nicht so einfach (viele Männer/Eltern verbieten das). Nun „rekrutiere“ ich direkt in unseren Frauenprojekten. Benachteiligte Frauen werden dort in verschiedene Fertigkeiten (vor allem im Textilbereich) ausgebildet, um ihr eigenes Einkommen lukrieren zu können und ein neues Selbstbewusstsein zu erlangen. Ich möchte nun Frauen aus diesen Projekten weiter im Bereich Voluntourismus ausbilden, sie empowern, und in weiterer Folge in unser Karmalaya-Team in Nepal aufnehmen und ihnen weitere Fortbildungen ermöglichen. Ich bin schon sehr gespannt und freue mich auf gute Meeting-Tage in Kathmandu. Bei meinem nächsten Nepal-Besuch im November werde ich übrigens wieder mehr Zeit „mitnehmen“ und alle Projekte besuchen.
Tja und nun muss noch gepackt werden. Immer wieder dieselbe Situation am Tag davor. Wie ein aufgescheuchtes Huhn laufe ich von einer Sache/Aufgabe/Ecke zur nächsten. Wie kann es sein, dass man sich nach all den Jahren der Reiserei immer noch „rumscheuchen“ lässt. Man sollte meinen, dass die Routine Einzug gefunden hat, die Handgriffe des Packens sitzen. Nö – immer wieder kleines Chaos. Immer wieder werfe ich Packroutinen über den Haufen, ordne neu. Mittlerweile kleide ich mich auch für Reisen in so genannte „Entwicklungsländer“ schicker. Weil ich gelernt habe, dass das bei den Menschen im Land positiv aufgenommen wird – als Wertschätzung. Und dass man, wenn man nicht im ältesten „Fetzen“ und Trekkingschuhen anmarschiert, einfach mehr respektiert wird.
Für Uganda hatten wir dennoch wieder den alten „Denkfehler“: Afrika – wir packen nur praktisch ein. Ich hatte ein paar alte Sneakers mit, ein paar einfache Hosen und Shirts. Fertig. Hm – unsere Begleiter und die Verantwortlichen in den Projekten, die wir trafen, waren stets um Welten besser gekleidet. Die Afrikaner sind sehr ordentlich gekleidet, die Frauen tragen eigentlich nur Röcke und T-Shirts oder eine Bluse. Die Männer tragen Anzugshosen und Kurzarm-Hemden. Und auch bei „Ausländern“ („Mzungus“ in Uganda; „Khoire“ in Nepal) ist ordentliche, saubere und schönere Kleidung gern gesehen. Natürlich ist das keine Pflicht – und vor allem Nepalesen haben sich auch schon an die überwiegende Funktionskleidung der Trekkingtouristen gewöhnt – aber es kommt dennoch gut an. Also dieses Mal im Gepäck: schöne Schuhe, Blusen, Röcke. Und die übliche Reiseapotheke – war heute extra noch beim Hausarzt, um mir ein besseres Anti-Allergikum verschreiben zu lassen. Im Flugzeug und in Städten wie Kampala oder Kathmandu, bekomme ich regelmäßig nicht enden wollenden Niesanfälle. Stauballergie – nicht förderlich für diese Reisen. Und Flugangst: ebenfalls nicht förderlich. Für Flugreisen jeder Art.
Das Flugzeug, Mittel zum Zweck (hier: auf dem Heimflug von Uganda)
Nun kann ich aber leider nichts daran ändern, dass ich beides habe: Stauballergie und Flugangst. Letzteres immer noch – nach all den Jahren als Reisejournalistin und später als Karmalaya-Gründerin. Kaum zu glauben. Sogar ein Flugangstseminar hab ich einst absolviert – und darüber für die Zeitung berichtet. Kurzfristig half das sogar und wenn ich mich im Flugzeug besinne, denke ich schon immer wieder an die Infos, die wir dort erhalten haben (welches Geräusch bedeutet was; warum kann das Flugzeug ab einer gewissen Geschwindgkeit gar nichts anderes tun, als abzuheben; Statistiken, etc.). Dennoch: die Angst ist mein Begleiter – zumindest noch während der Starts und bei der Landung. Und dazwischen: bei Turbulenzen. Ich probier immer wieder andere Strategien gegen die Angst an: „Klopftherapie“ in Eigenregie, autogenes Training, Meditation, „Coolness“ – und Rotwein. Ja, Rotwein. Qatar Air bietet wunderbare französische oder chilenische Weine an und es gehört zu meinem Flug-Ritual, dass ich an Bord ein-zwei Gläschen zum Essen trinke (andere trinken Tomatensaft…). Dazu: der Film meiner Wahl. Dann ein bisschen arbeiten – und schließlich selig schlummern. Fallweise auch umgekehrt. Dieses Ritual wird mich auch morgen wieder begleiten. Um 16 Uhr startet ab München mein Flieger Richtung Doha. Stopp. Final Destination: Kathmandu. Von dort aus werde ich dann – je nach Zeitressourcen – natürlich wieder ein paar Zeilen posten.
(Gut: den Reminder „Blog schreiben“ kann ich jetzt also abhaken; nächster Reminder: packen!)
(te – tina eckert/ehem. tina eder)